Pressemitteilung: Weiterentwicklung der Biblischen Geschichte (BGU) zu einem Religionsunterricht für alle
Die Neukonzeptionierung des Faches Biblische Geschichte (BGU) erfüllt die Erwartungen der Muslime nicht
Die islamischen Religionsgemeinschaften in Bremen DITIB, VIKZ und Schura begrüßen zunächst die intendierte Neukonzeptionierung des Faches BGU und die Initiative der Bildungssenatorin Frau Prof. Dr. Eva Quante-Brandt dem Fach ein neues Format zu geben. Allerdings sind die Erwartungen und Hoffnungen der islamischen Religionsgemeinschaften nicht erfüllt worden. Daher sehen sie sich gegenwärtig nicht in der Lage, für die gesellschaftliche Akzeptanz dieses Faches zu werben, da wesentliche Belange der Muslime nicht berücksichtigt worden sind
Bereits in Stellungnahmen und in einem persönlichen Gespräch sind der Bildungssenatorin Frau Prof. Dr. Eva Quante-Brandt Vorbehalte der islamischen Religionsgemeinschaften zur vorgesehenen Änderung des Faches BGU dargelegt worden. Die Umbenennung des Faches von „BGU“ zu „Religion“ macht das Fach zwar attraktiver, ändert jedoch nichts am Grundsätzlichen. Denn das Fach wird weiterhin, wie auch die Bremische Verfassung vorsieht, auf allgemein christlicher Grundlage erteilt. Dies verstößt in gravierender Weise gegen die Selbstbestimmung der islamischen Religionsgemeinschaften. Durch die vorgesehene Nennung „Religion“ wird und wurde aber bei den Muslimen die Hoffnung erweckt, dass es inhaltlich auch ein Schritt in Richtung des konfessionellen Religionsunterrichts gehen könnte.
Der Biblische Geschichtsunterricht war in seiner Entstehung und Entwicklung sicherlich eine richtige Antwort auf die intra- und innerkonfessionellen Auseinandersetzungen des 19. und 20. Jahrhunderts.
Aber gerade heute, in Zeiten des demographischen Wandels, erwarten wir vom Land Bremen eine zeitgemäße, angemessene und zufriedenstellende Antwort auf die veränderte, kulturell und religiös vielfältige Situation. Dabei könnte auch ein Blick über den Tellerrand hinaus hilfreich sein, denn andere Landesregierungen sehen im islamischen Religionsunterricht einen wichtigen Beitrag für das Schulklima und zur aktiven Partizipation an der Gesamtgesellschaft. Positive Beispiele und gute Erfahrungen wie sie z.B. in Niedersachsen, in der der islamische Religionsunterricht eine breite Akzeptanz bei Bevölkerung und Behörden hat, könnten uns bei der Einrichtung eines konfessionellen Religionsunterrichts neue Ansätze aufzeigen
Auch sehen wir beim aktuell entwickelten Lehrplan und seiner inhaltlichen Gestaltung keine großen Veränderungen zum vorherigen Lehrplan. Auch darin wurden Weltreligionen thematisiert und interreligiöse Ansatzmöglichkeiten angeboten. Primär geht es uns um das tragende Gerüst des Faches und das Gerüst ist leider nicht das, was von uns gefordert und erwartet wurde. Deshalb kann auch nicht von uns erwartet werden, jede einzelne Einheit des Bildungsplanes zu analysieren und Stellung zu beziehen, wenn wir fundamental verschiedene Herangehensweisen an einen Religionsunterricht haben. Fraglich ist, wie sinnvoll diese Arbeitsweise wäre.
Religionsunterricht ermöglicht den Heranwachsenden, ihre religiösen Werte zu reflektieren und sich mit diesen auseinanderzusetzen. Er trägt dazu bei, ihre Persönlichkeit zu entwickeln und sie zu eigenverantwortlichen, gesellschaftsfähigen Menschen zu erziehen. Die Schule als Ort der Reflexion ist hierfür die richtige Institution. Wir stimmen darin überein, dass die Schülerinnen und Schüler durch die Auseinandersetzung im Unterricht lernen sollen, interreligiöse Kompetenzen zu entwickeln. Allerdings ist hierfür die Basis zu schaffen, die darin besteht, erst ihre eigene Religion gut zu kennen. Heranwachsende sollten erst lernen, sich über ihre eigene Religion gut zu informieren, um sich besser artikulieren zu können.
Die Erfahrungen zeigen, dass über den schulischen Weg der Dialog zu den Eltern gefördert und darüber hinaus zum interreligiösen Austausch mit den Nachbarn beigetragen wird. Somit erreicht die Bildung in den Schulen unsere Gesellschaft und setzt ein Zeichen für Offenheit und ein respektvolles Miteinander.
Letztlich ist auch festzuhalten, dass die islamischen Religionsgemeinschaften, anders als in manch einem Medium dargestellt, nicht eine Verweigerungshaltung einnehmen, sondern weiterhin am Tisch die Weiterentwicklung kritisch begleiten. Die islamisch theologische und wissenschaftliche Fachkompetenz in unseren Reihen, wird dazu beitragen, den Prozess weiterzuentwickeln und der Bildungsabteilung Hilfestellungen geben, islamische Inhalte produktiv umzusetzen und Lehrer kompetent fortzubilden. Leider ist zwar unser Kompromissvorschlag, an einigen Schulen einen Modellversuch zu starten, nicht positiv aufgenommen worden, allerdings gehen wir davon aus, dass immer noch und in den nächsten Jahren weitere konstruktive und lebhafte Gespräche geführt werden müssen.
Die bremischen Religionsgemeinschaften DITIB, VIKZ und Schura plädieren weiterhin für einen islamischen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach nach Artikel 7 Abs. 3 des Grundgesetzes.
Unsere Gegenwart und die gesellschaftlichen Verhältnisse brauchen einen Schritt in Richtung Pluralität. Gesellschaftliche Integration kann nur über den Weg der Anerkennung, der Partizipation und der Gleichberechtigung erreicht werden.